Ob Neubau, Umbau oder Sanierung – die Frage „Welches Material für Brandschutz?“ lässt sich nicht mit einem einzigen Produkt beantworten. Brandschutz ist ein System: Es kombiniert nicht brennbare Baustoffe, konstruktive Details, geprüfte Abschottungen, Türen und Verglasungen sowie korrekte Ausführung. Entscheidend sind Normklassifizierungen wie die Reaktion auf Feuer (Euroklassen A1–F inkl. s/d für Rauch und brennende Tropfen) und der Feuerwiderstand einer Bauteilkonstruktion (z. B. R/E/I 30/60/90 nach EN 13501-2 bzw. T30/T90 bei Türen). Wer Materialien auswählt, sollte daher Einsatzbereich, Expositionsdauer, Tragfunktion und Zulassungen gemeinsam betrachten.
Welche Materialien bieten zuverlässigen Brandschutz?
Zuverlässiger Brandschutz stützt sich primär auf nichtbrennbare, mineralische Baustoffe der Euroklassen A1 und A2 (bzw. nach älterer DIN 4102: A1/A2). Dazu zählen Beton, Mauerwerk (Ziegel, Kalksandstein), Porenbeton sowie mineralische Platten und Dämmstoffe. Ergänzend beschreibt die Feuerwiderstandsklasse, wie lange ein Bauteil im Brandfall seine Funktion beibehält: R für Tragfähigkeit, E für Raumabschluss, I für Wärmedämmung, typischerweise 30, 60, 90 oder 120 Minuten. Für die Auswahl ist zudem die Rauchentwicklung (s1–s3) und das Abtropfverhalten (d0–d2) relevant, da Rauch oft das größte Risiko darstellt.
Bei Dämm- und Beplankungsmaterialien bewähren sich Stein- und Glaswolle (meist A1), Gipskartonplatten in feuerhemmender Ausführung (z. B. GK-F) sowie Gipsfaser- und Calciumsilikatplatten. Solche Produkte sind nicht nur schwer entflammbar bis nicht brennbar, sie schützen tragende und aussteifende Bauteile vor schneller Erwärmung. Vermiculit- oder Perlite-basierte Platten, zementgebundene Spachtelmassen und Brandschutzmörtel kommen als Ummantelungen oder zur Sicherung von Installationsschächten zum Einsatz. Wichtig ist, dass komplette Systeme – nicht nur Einzelprodukte – nachweislich geprüft und zugelassen sind.
Für Abschottungen und Detailpunkte sorgen intumeszierende (aufschäumende) Dämmschichtenbildner, Brandschutzmanschetten für Rohrleitungen, Kabelboxen, Stopfen und flexible Brandschutzkissen. Firestop-Lösungen schließen Durchdringungen, damit Feuer und Rauch nicht unkontrolliert über angrenzende Bereiche übergreifen. Weitere Bauteile sind Brandschutztüren und -tore (z. B. T30/T90) sowie Brandschutzverglasungen (EI/EW-Klassen), die Sicht und Licht mit geprüfter Feuerwiderstandsdauer kombinieren. Auch bei Kabeln und Leitungen lohnt der Blick auf halogenfreie, raucharme Varianten (LSZH), um toxische Rauchgase zu minimieren.
Vergleich: Holz, Beton, Stahl und Glas im Feuerfall
Holz ist brennbar, verhält sich im Brand jedoch berechenbar: Die Oberfläche verkohlt, und die entstehende Kohleschicht verlangsamt den weiteren Abbrand. Massive Querschnitte und Brettsperrholz (CLT) können tragfähig bleiben, wenn Querschnittsverluste rechnerisch berücksichtigt werden. Oberflächenbehandlungen und Kapselungen mit GK-F-Platten verbessern das Verhalten, reduzieren aber die Brandlast nicht vollständig. Für sichtbare Holzoberflächen sind flammhemmende Systeme und sorgfältige Detaillierung (Vermeidung von Hohlräumen, verdeckter Brandweiterleitung) entscheidend.
Beton ist nicht brennbar und bietet dank Masse und geringer Wärmeleitfähigkeit sehr guten passiven Brandschutz. Er erreicht hohe Feuerwiderstandsdauern, sofern Bewehrungslagen ausreichend überdeckt sind; andernfalls droht frühzeitiger Tragfähigkeitsverlust. Eine Herausforderung ist Abplatzung bei schnell ansteigenden Temperaturen, insbesondere bei hochfesten Betonen; Polypropylenfasern im Beton können dieses Risiko mindern. Insgesamt bleibt Beton im Brandfall formstabil, produziert keinen Rauch und eignet sich hervorragend für tragende und raumabschließende Bauteile.
Stahl verliert mit steigender Temperatur rasch an Festigkeit; bereits um 500–600 °C sinkt die Tragreserve deutlich. Ungeschützte Stahlträger müssen daher meist passiv geschützt werden: durch intumeszierende Beschichtungen, Brandschutzplatten (z. B. Calciumsilikat, Vermiculit) oder Spritzputze. Die Wahl des Systems hängt von geforderter R-Klasse, Profilfaktor, Optik, Feuchte- und Stoßbeanspruchung ab. Glas selbst ist brennbarkeitsfrei, jedoch thermisch empfindlich; klassisches Floatglas platzt früh. Brandschutzglas (EI/EW) besteht aus mehrschichtigen Systemen mit intumeszenten Zwischenschichten oder speziellen Gel- bzw. Drahtgläsern. Es muss im geprüften Rahmenprofil verbaut werden, damit Integrität und Isolation über die geforderte Zeit erhalten bleiben.
Das „beste“ Material für Brandschutz gibt es nicht – wohl aber die passende, geprüfte Kombination für jede Aufgabe. Wo möglich, sind A1/A2-Baustoffe und massive, mineralische Konstruktionen erste Wahl; Stahl braucht wirksame Bekleidungen oder Beschichtungen, Holz funktioniert mit Kapselung und maßvollem Querschnittsverlust, und Glas muss als klassifizierte Brandschutzverglasung im System geplant werden. Maßgeblich sind Normklassen, geprüfte Systemnachweise (z. B. ETA/abZ), fachgerechte Ausführung und Wartung. Wer frühzeitig Fachplanung und Brandschutzsachverständige einbindet, erhält sichere, wirtschaftliche und nachhaltige Lösungen.