F90 ist kein Produkt, das man „kauft“, sondern ein nachweisbares Schutzniveau, das Sie mit Planung, zugelassenen Systemen und sauberer Ausführung erreichen. Wenn Sie sich fragen „wie erreiche ich F90 Brandschutz?“, lautet die Antwort: Schritt für Schritt – vom Anforderungsprofil über die Systemwahl bis zur Abnahme und Pflege. Dieser Leitfaden zeigt den Weg, damit Bauteile im Brandfall 90 Minuten sicher funktionieren und Sie rechtssicher dokumentiert sind.
Grundlagen: Was bedeutet F90 im Brandschutz?
F90 beschreibt die Feuerwiderstandsdauer eines Bauteils von 90 Minuten. Gemeint ist die Fähigkeit, im Brandversuch definierte Funktionen aufrechtzuerhalten: tragende Bauteile müssen ihre Tragfähigkeit (R) behalten, raumabschließende Bauteile ihre Raumabschluss- und Dämmwirkung (E und I). In der älteren, in Deutschland geläufigen Terminologie nach DIN 4102 spricht man von F30, F60, F90 usw.; in der europäischen Klassifizierung nach DIN EN 13501-2 wird z. B. EI 90 (Wand/Decke) oder R 90 (Stütze/Träger) verwendet. Bei Türen finden Sie T90 (national) bzw. EI2 90 (europäisch), bei Verglasungen etwa F90/EI 90.
Wichtig ist außerdem die Materialklassifizierung: F90-A beschreibt Bauteile mit nichtbrennbaren Baustoffen (Baustoffklasse A), F90-B solche mit brennbaren Anteilen. Welche Variante gefordert ist, ergibt sich aus Bauordnungsrecht und Brandschutzkonzept. F90 wird typischerweise für Brandwände und feuerbeständige Trennbauteile, Decken, Installationsschächte, tragende Bauteile aus Stahl/Beton sowie für Durchführungen und Abschlüsse (z. B. T90-Türen) verlangt.
Ob und wo F90 nötig ist, bestimmen Landesbauordnung, Sonderbauvorschriften (z. B. für Versammlungsstätten, Krankenhäuser, Garagen), Richtlinien wie MLAR (Leitungsanlagen) und vor allem Ihr objektspezifisches Brandschutzkonzept. Dort werden Brandabschnitte, Flucht- und Rettungswege, Nutzungseinheiten und Kompensationsmaßnahmen festgelegt. Erst aus dieser Gesamtschau ergibt sich, welches Bauteil welche Klasse (z. B. EI 90-A) zu erfüllen hat – die Basis für alles Folgende.
Planung bis Abnahme: F90 Schritt für Schritt
Schritt 1: Anforderungen klären und konzipieren. Starten Sie mit einer Bestandsaufnahme (bei Umbauten) oder einer klaren Zieldefinition (bei Neubauten): Welche Bauteile müssen 90 Minuten standhalten, abschließen oder dämmen? Stimmen Sie dies früh mit dem Fachplaner Brandschutz, Tragwerksplaner und TGA-Planern ab. Legen Sie eine Bauteilliste mit Klassifizierungen an (z. B. Wände EI 90, Decken EI 90, Stützen R 90, Türen T90) und definieren Sie Schnittstellen, etwa Leitungsdurchführungen, Fugen und Anschlüsse. Entscheiden Sie den Nachweisweg: nationale Zulassung/Prüfzeugnis (abZ/abP) oder europäische ETA/CE mit Klassifizierungsbericht.
Schritt 2: Systemwahl und Detailplanung. Wählen Sie für jedes Bauteil ein geprüftes System mit passender Klassifizierung und Gültigkeit (Hersteller, Aufbau, Dicke, Befestigung, Untergrund, maximale Abmessungen). Planen Sie Details: Anschlüsse an Rohdecken, Fugen, Eckausbildungen, Befestiger, Unterkonstruktionen. Legen Sie für Leitungs- und Kabeldurchführungen passende Abschottungen fest (gemäß MLAR/LAR), ebenso T90-Türen, Verglasungen, Klappen. Bei Stahltragwerken: entscheiden Sie zwischen Plattenbekleidung, Spritzputz oder intumeszierender Beschichtung und prüfen Sie die statische Ertüchtigung/Erwärmungskurven. Schreiben Sie systemtreu aus, fügen Sie Montageanleitungen und Zulassungsnummern bei und fordern Sie eine lückenlose Dokumentation.
Schritt 3: Ausführung, Qualitätssicherung, Abnahme und Betrieb. Während der Bauphase sichern Sie die Systemtreue: keine Komponenten tauschen, keine „ähnlichen“ Dübel verwenden, keine Eigenmischungen. Überwachen Sie kritische Punkte wie Durchdringungen, Anpralllasten bei Türen, Dichtungen und Fugen; dokumentieren Sie jede Position mit Fotos, Chargenetiketten und Einbauberichten. Sammeln Sie abP/abZ/ETA, Konformitätserklärungen und Wartungsanleitungen in einer Brandschutzdokumentation. Organisieren Sie die Abnahme durch Bauleitung/Fachbauleitung Brandschutz und ggf. Prüfsachverständige; übergeben Sie dem Betreiber ein Wartungskonzept: regelmäßige Funktionsprüfungen von T90-Türen, Inspektionen von Abschottungen nach jeder TGA-Änderung, Sichtkontrollen auf Beschädigungen – so bleibt F90 auch über die Nutzungsdauer erhalten.
F90 erreichen Sie nicht mit einem einzelnen Produkt, sondern mit einem belastbaren Prozess: klare Anforderungen, geprüfte Systeme, saubere Details, dokumentierte Ausführung und gelebte Instandhaltung. Wenn Sie diese Schritte verbindlich organisieren und Systemtreue einfordern, sind 90 Minuten Feuerwiderstand rechtssicher und praktisch erreichbar – ohne teure Nacharbeiten und mit spürbar mehr Sicherheit für Menschen, Gebäude und Betrieb.