Brandschutz ist kein „nice to have“, sondern ein verbindlicher Bestandteil von Bau- und Betriebsorganisation. Die Frage „Wann ist Brandschutz erforderlich?“ taucht in der Praxis besonders bei Neubauten, Umbauten, Nutzungsänderungen und wachsenden Belegschaften auf. Der folgende Beitrag ordnet die wichtigsten Kriterien, Pflichten und Fristen ein – praxisnah, rechtssicher formuliert und mit Blick auf das, was Betriebe jetzt konkret tun sollten.
Wann ist Brandschutz erforderlich? Kriterien im Blick
Brandschutz ist immer dann erforderlich, wenn Leib und Leben von Menschen oder bedeutende Sachwerte durch Brandentstehung und -ausbreitung gefährdet sein können – das heißt faktisch in jedem Gebäude und an jedem Arbeitsplatz. Rechtlich wird diese Grundpflicht durch Bauordnungen der Länder (LBO/MBO), das Arbeitsschutzrecht (insb. ArbSchG, ASR A2.2) und häufig auch durch Versicherungsbedingungen verankert. Für Neubauten ist Brandschutz fester Bestandteil des Genehmigungsverfahrens; für Bestandsbauten und Betriebe ergibt er sich aus der Betreiberverantwortung und der Gefährdungsbeurteilung.
Konkret „schärft“ sich die Pflicht bei bestimmten Auslösetatbeständen: Neubau, Umbau oder wesentliche Änderung, Nutzungsänderung (z. B. Büro wird Lager), steigende Personenzahlen, höhere Brandlasten, neue Prozesse/Anlagen sowie der Umgang mit Gefahrstoffen. Ebenso gelten erhöhte Anforderungen bei Sonderbauten, etwa Versammlungsstätten, Industriebauten, Verkaufsstätten, Beherbergungsbetrieben, Krankenhäusern, Hochhäusern oder Garagen – hierfür existieren spezielle Richtlinien und Verordnungen. Auch temporäre Nutzungen wie Veranstaltungen oder Baustellen lösen brandschutztechnische Maßnahmen aus.
Zentrales Instrument ist die Gefährdungsbeurteilung: Sie bewertet Brandentstehungsrisiken (z. B. elektrische Anlagen, heiße Arbeiten, Lithium-Ionen-Akkus), die Ausbreitung (Baustoffe, Brandabschnitte), die Selbstrettung (Flucht- und Rettungswege, Sicherheitsbeleuchtung) sowie die Entdeckung/Alarmierung (Brandmeldeanlage, Alarmierungskonzepte). Aus der Beurteilung folgen bauliche, anlagentechnische und organisatorische Maßnahmen – von Feuerlöschern über Rauch- und Wärmeabzugsanlagen bis zur Unterweisung von Beschäftigten. Bei komplexen oder genehmigungspflichtigen Vorhaben ist ein Brandschutzkonzept durch Fachplaner regelmäßig erforderlich.
Pflichten und Fristen: Was Betriebe jetzt beachten
Unternehmen müssen vor Aufnahme der Tätigkeit und bei jeder wesentlichen Änderung eine Gefährdungsbeurteilung zum Brandrisiko durchführen und dokumentieren. Sie haben geeignete Maßnahmen festzulegen, Verantwortliche zu benennen und – falls gefordert oder empfohlen – einen Brandschutzbeauftragten zu bestellen (z. B. bei größeren oder besonderen Risiken, in Sonderbauten oder auflagenbedingt). Erforderlich sind außerdem eine Brandschutzordnung nach DIN 14096 (sofern Umfang/Risiko dies nahelegen oder gefordert ist), aktuelle Flucht- und Rettungspläne, normgerechte Beschilderung sowie eine klare Alarm- und Räumungsorganisation.
Bei Fristen gilt: Viele wiederkehrende Prüfungen ergeben sich aus Normen, Herstellerangaben, Versicherungsbedingungen und teils aus Landesrecht. Tragbare Feuerlöscher sind regelmäßig zu sichten (kurze Intervalle, z. B. monatlich) und mindestens alle 2 Jahre von Sachkundigen zu warten. Brandmeldeanlagen folgen typischerweise einem Mix aus Betreiber-Sichtkontrollen (täglich/wöchentlich), vierteljährlichen Inspektionen und jährlicher Wartung durch eine Fachfirma (z. B. nach DIN 14675/VdS). Rauch- und Wärmeabzugsanlagen, Feststellanlagen an Brand- und Rauchschutztüren sowie Feuer- und Rauchschutztüren benötigen regelmäßige Nutzerkontrollen und mindestens jährliche Wartung. Sicherheitsbeleuchtung wird funktional in kurzen Intervallen und jährlich im Langzeittest geprüft; elektrische Anlagen und Betriebsmittel werden nach DGUV Vorschrift 3 in risikobasierten Intervallen wiederholt geprüft (typisch: ortsfeste Anlagen mehrere Jahre, ortsveränderliche Betriebsmittel 6–24 Monate je nach Beanspruchung).
Organisatorisch sind Beschäftigte mindestens jährlich zu Brandschutz- und Evakuierungsmaßnahmen zu unterweisen; Evakuierungsübungen sollten in der Regel mindestens einmal pro Jahr stattfinden. Es sind ausreichend viele Brandschutzhelfer zu bestellen – als Richtwert mindestens 5 Prozent der Beschäftigten, bei besonderem Risiko entsprechend mehr; deren Ausbildung ist turnusmäßig aufzufrischen (üblich alle 3–5 Jahre oder anlassbezogen). Für Sonderbauten verlangen die Länder häufig wiederkehrende Prüfungen durch bauaufsichtlich anerkannte Sachverständige in Intervallen von etwa 1 bis 3 Jahren. Bei Auflagen aus Baugenehmigungen, behördlichen Verfügungen oder Versichererverträgen gelten die darin genannten Fristen; Verstöße können Bußgelder, Betriebsunterbrechungen oder Versicherungskürzungen nach sich ziehen. Praxis-Tipp: einen Fristenkalender führen, Nachweise dokumentieren, Mängel zeitnah abstellen und den Austausch mit Bauaufsicht, Feuerwehr und Versicherer früh suchen.
Brandschutz ist kein einmaliges Projekt, sondern ein kontinuierlicher Managementprozess: Risiken erkennen, Maßnahmen planen, Zuständigkeiten klären, Fristen einhalten und alles sauber dokumentieren. Wer die Auslöser (Neubau, Änderung, Nutzung, Risikoanstieg) kennt und die typischen Prüf- und Schulungsintervalle etabliert, erfüllt nicht nur Rechtspflichten – er schützt Menschen, Werte und die eigene Handlungsfähigkeit. Beginnen Sie mit einer aktuellen Gefährdungsbeurteilung und einem Fristenplan: Das ist der schnellste Weg zu einem belastbaren, alltagstauglichen Brandschutz.